Wie ernähre ich mich also, wenn ich Improvisieren lernen und weiterentwickeln will?
Nahrung für das Erfinden von Musik kommt für mich einerseits aus klassischen Kompositionen von Chopin, Beethoven, Bach und anderen großartigen Meistern. Das Ernähren (also das Üben der Kunst der Improvisation) geht für mich aber auch nicht ohne meine Vorbilder aus dem Jazz: Keith Jarrett, Chick Corea und Brad Mehldau. Ich spiele ihre Musik nach, vor allem kleine Abschnitte und Elemente, die mich berühren, ich variiere sie, zerlege sie, setze sie neu zusammen, spiele mit ihnen, spiele sie schnell, langsam, hoch, tief, laut, leise;
Und dann kommt etwas wichtiges: eine Pause ———

Das Geübte darf sich ausruhen und setzen. Wenn ich dann 2 Tage später mit eben diesem Material zu improvisieren beginne, steht es mir zur Verfügung, nun muß ich mich nur noch loslassen, um in den Flow zu kommen, eines “neues” Klavierstück erblickt das Licht der Welt.

Aki Hoffmann, 2024

Über Improvisation und Inspiration.

Musik aus dem Moment heraus zu erfinden, ganz ohne Noten, das ist meine große Passion und inzwischen mein wirkliches Spezialgebiet. Aber wo kommt denn diese Musik her, wenn sie “erfunden” wird? Früher sagte man: das sei Eingebung, eben Inspiration!
Das stimmt wohl auch für den Anteil der Performance, des Spielens selbst, also für den Moment, in dem der Künstler sich versenkt und möglichst eins wird mit seinem Instrument und der Musik, vielleicht in eine Art Trance, zumindest aber in einen “Flow-Zustand” kommt.
“Dort” gibt es, auch meiner Erfahrung nach, so etwas wie einen Kanal, einen Strom, an den man “angeschlossen” sein kann, und das aktive Tun und Planen geht mehr in ein Sich-Erfahren über, in ein “es spielt”.

Nun ist das ganze aber nicht einfach angeboren oder einfach schon da, wenn man sich entscheidet, Musiker zu werden. Zwar habe ich tatsächlich als kleiner Junge sehr früh improvisiert, ohne zu wissen, was ich da genau machte: auf dem Klavier, aber auch auf selbstgebauten Instrumenten, einem selbst gebasteltem Schlagzeug und anderem. Später erfuhr ich natürlich, daß das Improvisieren erlernbar ist, so wie das Nachspielen von Meisterwerken auch, nur daß das heute nicht so viele Musiker machen (außer vielleicht im Jazz).
Für das Lernen von Improvisation kann ich aus heutiger Sicht den Vergleich ziehen zum Erlernen einer Sprache: dort gibt es zwar Buchstaben, Wörter, Sätze und eine Grammatik, aber der schnellste Erfolg stellt sich ein, wenn man eine Sprache intuitiv lernt, durch HÖREN und NACHAHMUNG, also ganzheitlich. Die späteren Erklärungen, die das linke, eher rationale Gehirn ansprechen, können später und immer wieder im Verlauf ergänzend helfen. Neben der Ganzheitlichkeit ist anzumerken, daß das wesentliche in Sprache und Musik eben nicht die noch so komplexe Kombination von Bausteinen ist (in der Sprache also Buchstaben, Wörter usw. und in der Musik analog Töne, Tongruppen (Motive), Themen, musikalische Regeln/Grammatik), sondern eher im “Wie?” liegt, also im Ausdruck, der am besten gefühlvoll und von großer Präsenz geprägt ist.